200-Tage-Linien Strategie mit 5% Kriterium

KalenderDie 200-Tage-Linie Strategie, die beim virtuellen Depot verwendet wird, basiert auf dem 3%-Kriterium. D.h. ein Verkauf der Wertpapiere erfolgt erst nachdem der DAX-Kurs mindestens 3% unter die 200-Tage-Linie gefallen ist. Analog erfolgt ein Neueinstig erst, sobald der Kurswert mindestens 3% über der 200-Tage-Linie notiert.

Vor kurzem kam der Hinweis, dass bei Euro-am-Sonntag die 200-Tage-Linien Strategie mit einem 5%-Kriterium eingesetzt wird, verbunden mit der Frage, welche Strategie erfolgreicher ist.

Ein klarer Fall für einen Backtest, da sich die Frage ohne Daten nur schwerlich beantworten lässt. Was wir aber im Vorfeld machen können, sind eine Überlegungen zu den beiden Versionen der 200-Tage-Linien Strategie.

Vorüberlegungen zu den 200-Tage-Linien Strategien mit 3% und 5%-Kriterium

Ein Grund, warum die Frage nicht aus dem Stegreif beantwortet werden kann, liegt darin begründet, dass beide Varianten ihre Vor- und Nachteile haben. Eigentlich ist es jeweils nur ein Vor- und ein Nachteil:

  • Vorteil des 3%-Kriteriums ist, dass die Signale früher gebildet werden. Bei einem Verkaufssignal wird früher und dadurch in der Regel zu einem höheren Kurs verkauft, bei einem Kaufsignal wird  früher und dadurch in der Regel zu einem tieferen Kurs gekauft.
  • Was der Vorteil des 3%-Kriteriums ist, ist gleichzeitig sein Nachteil: Fehlsignale werden nicht so schnell erkannt wie beim 5%-Kriterium. Fällt der Kurs beispielsweise 3,1% unter die 200-Tage-Linie und steigt anschließend wieder, so wird erst bei einem Kurs von ab 3% über der 200-Tage-Linie wieder gekauft. Dadurch hat die Strategie rund 6% Performance eingebüßt (lässt sich theoretisch nicht ganz genau bestimmen, da der Wert der 200-Tage-Linie sich täglich ändert).

Anzahl der Kauf-/Verkaufssignale beim 3% und 5%-Kriterium

Werfen wir einen Blick auf die Anzahl der Käufe und Verkäufe für beide Versionen im Zeitraum vom 02.01.2007 bis zum 19.08.2018.

 

Typ Bezeichnung Anzahl Käufe Anzahl Verkäufe
       
1 mit 3%-Toleranz ohne Short 6 6
2 Mit 5%-Toleranz ohne Short 4 4
3 DAX Buy-and-Hold 1 0

Die Daten bestätigen die Überlegung, dass bei der 3%-Variante häufiger Kauf- bzw. Verkaufssignale gebildet werden. Prozentual wurden im Beobachtungszeitraum bei dieser Variante 50% mehr Transaktionen durchgeführt.

Ergebnisse des Backtest für das 3% und 5%-Kriterium

Auch diese Resultate beziehen sich auf den Zeitraum vom 02.02.2007 bis zum 19.08.2018.
Es wurden die Transaktionskosten mit eingerechnet wie bei den virtuellen Depots (9 € + 1 Promille des Kauf-/Verkaufsbetrages).
Die Auswertung erfolgte mit XETRA-Schlusskursen. Nach Signalwechseln wurde am Folgetag zum Eröffnungskurs ge- oder verkauft.

 

Typ Bezeichnung Startwert absolut
02.01.2007
Endwert absolut
19.08.2018
Rendite absolut [%] Rendite jährlich [%]
           
1 mit 3%-Toleranz ohne Short 20.000,00 € 37.154,85 € 85,77% 5,39%
2 Mit 5%-Toleranz ohne Short 20.000,00 € 38.443,95 € 92,22% 5,69%
3 DAX Buy-and-Hold 6614,73 12210,55 84,60% 5,33%

 

Im Beobachtungszeitraum schnitt die 200-Tage-Linien Strategie mit dem 5%-Kriterium absolut knapp 6,5% besser ab als mit dem 3%-Kriterium, auf die jährliche Rendite bezogen waren es 0,3%.

Doch sind hierzu noch einige Anmerkungen zu machen:
Auffällig ist der geringe Unterschied in der Performance zwischen den drei dargestellten Varianten. So ist die Rendite zwischen der DAX “Buy-and-Hold”-Strategie und der 200-Tage-Linien Strategie mit dem 3%-Kriterium fast identisch.
Dies war nicht durchgehend so. Bei der früheren Auswertung zur 200-Tage-Linien Strategie, die auf dem Zeitraum zwischen dem 02.01.2007 und dem 30.12.2013 beruhte, betrug die jährliche Rendite der 3%-Strategie 8,05% gegenüber 5,39% der “Buy-and-Hold” Strategie.

Der Hintergrund lässt sich sehr gut anhand von drei Gedankenspielen erläutern:

  1. Was geschieht, wenn der DAX permanent steigen und immer über der 200-Tage-Linie notieren würde?
    Wir wären mit unserer Strategie immer investiert und würden dem DAX folgen. Lediglich die Verwaltungskosten für die Wertpapiere würden die Rendite rein gegenüber dem DAX minimal schmälern.
  2. Was geschieht, wenn der DAX sich ständig in einer Art Sägezahnmarkt um einige Prozent auf und abbewegt?
    Diese Frage wurde bereits weiter oben beantwortet: wir würden ständig zu tiefen Kursen verkaufen und zu höheren Kursen einsteigen. In Folge wäre der Performance unserer Strategie deutlich schlechter als die des DAX’.
  3. Was geschieht, wenn der DAX kontinuierlich von Bullenmärkten zu Bärenmärkten und umgekehrt wechseln würde?
    Bei Bärenmärkten würden mit der 200-Tage-Linien Strategie nach einiger Zeit die Verkaufssignale greifen und könnten ausreichen Cash vorhalten, um in Bullenmärkten wieder einzusteigen.

Szenario 1 wäre der neutrale Fall, bei dem die alle Strategien in dieselbe Richtung laufen.
Szenario 2 ist der “Worst Case” für die 200-Tage-Linien Strategien, wobei die 5%-Kriterium Strategie noch etwas besser abschneidet.
Szenario 3 ist der Traum aller Investoren, die die 200-Tage-Linien Strategie umsetzen. Hier würde die 3%-Kriterium Strategie etwas besser abschneiden, da Ein- und Ausstieg früher erfolgen.

Dadurch lassen sich auch die Resultate erklären: Bei der Überprüfung im Zeitraum bis Ende 2013 kam der durch die Finanzkrise ausgelöste Bärenmarkt prozentual mehr zum Tragen, gefolgt von einem Bullenmarkt. In jüngerer Vergangenheit ist der DAX eher in Richtung Sägezahnmarkt unterwegs, zwar noch nicht extrem ausgeprägt, aber doch so, dass er Spuren hinterlässt.

11 Kommentare

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    • Frank Schiemann auf 25/08/2018 bei 18:34
    • Antworten

    Es gibt noch eine andere interessante Linie, nämlich die 21 Monats Linie. Da gab es mal einen Bericht drüber in Focus-Money ( 21-Monats-Strategie). Für den Langfrist-Anleger die beste Lösung. Träge, aber noch weniger Fehlsignale.

  1. Hallo Mathias,

    schön, dass Du meinen Vorschlag für die 200-Tage-Linie mit 5% Toleranz nachgerechnet hast. Das Problem ist wohl der Sägezahnmarkt um durchgängig gute Resultate zu erzielen. Die Frage ist wie kann man solche Szenarien erkennen, gibt es dafür Indikatoren, kann Relative Stärke bei Einstiegs- und Ausstiegssignalen helfen?
    Eine andere Konstellation wäre auch noch sinnvoll zu testen. Eine Kombination aus 5% Toleranz bei fallenden Kursen und eine bei 3%
    Toleranz bei steigenden Kursen. Würde solch eine Strategie erfolgreicher sein?

    Ergänzend noch eine andere Strategie, die ich im Netz gefunden habe, die Turtle-Investor Strategie von Roboadvisor.
    https://www.robovisor.de/strategie/factsheet/31004/
    Diese soll ja gemäß Anbieter die besten Ergebnisse seit 2000 liefern. Da ich ja in weltweiten Investmentfonds investiere, würde ich mich Deine Meinung dazu als Indikator für Ein- und Ausstiegsignal und Risikobegrenzung interessieren. Würde diese Strategie auf den MSCI World EUR oder DAX bezogen bessere Ergebnisse liefern als die bisher aufgelisteten Strategien?

    Gerne höre wieder Deine Meinung dazu!

    Schöne Grüße
    Johann

    1. Hallo Johann,

      wenn ich die Zeit dazu habe, überprüfe ich solche Möglichkeiten sehr gerne.
      Ein Sägezahnmarkt ist mit einem Blick auf die 200-Tage-Linie gut zu erkennen. Von 1995 bis Ende 2017 war so gut wie durchgängig eine Aufwärtsbewegung oder eine Abwärtsbewegung der 200 Tage-Linie zu erkennen (natürlich mit Ausnahme der Umkehrpunkte). Seitdem läuft die 200-Tage-Linie in sanften Wellen horizontal.
      Von 1990 bis 1994 war fast durchgehend ein Sägezahnmarkt. Das Problem ist zu erkennen, wann der Sägezahnmarkt zu Ende ist. Dies lässt sich u.U. erst nach Wochen und Monaten erkennen.

      Eine Möglichkeit wäre somit: Sobald eine Sägezahnmarkt erkannt wurde, die Messlatte höher zu setzen (z.B. auf 7 oder gar 10%), und erst bei klarem Trend auf die ursprünglichen Bedingungen zurüchzuschwenken.

      Ich denke, die vorgeschlagene Kombination aus 5% und 3%-Toleranz würde als Ergebnis etwas zwischen de reinen 3% und 5%-Kriterien zu Tage bringen.

      Die Turtle-Investor Strategie hört sich in der Tat interessant an. Inwiefern die Kriterien als Ein- und Ausstiegssignal genutzt werden können, müsste ich überprüfen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Signale dafür eingesetzt werden können (vielleicht auch als eines von mehereren Kriterien).

      Ob die Strategie mit anderen Indizes besser oder schlechter abschneidet, lässt sich so nicht einfach beurteilen. Vorstellen könnte ich mir allerdings gut, dass dies auch beim MSCI World funktioniert. Beim DAX selbst habe ich da meine Bedenken, ganz einfach aus dem Grund, dass die Basis aus 30 Werten sehr gering ist.

      Leider endet mein Urlaub. Ich trete heute noch die Rückreise an. Da anschließend viele Überstunden auf dem Programm stehen, weiß ich nicht, wie ich zur Überprüfung der Indikatoren komme. Aber schreibe mich gerne nochmals an, falls Du in den nächsten Wochen nichts mehr zu dem Thema hören solltest.

      Beste Grüße
      Mathias

  2. Hallo Mathias,

    danke für die schnelle Antwort
    Ein Gedanke kam mir jetzt noch zu den 200-Tage-Strategien.
    Wäre die Monte-Carlo-Simulation hier vielleicht hilfreich. Soll heißen, bei Durchschneiden der 5% Toleranz wird eine Simulation des zukünftigen Kursverlaufes des Index durchgeführt und wenn diese zu einem bestimmten %-Satz positiv oder negativ ist, dient dieser als Bestätigung der wahrscheinlichen Entwicklung und könnte somit eindeutigere Signale liefern und somit die Sägezahnmärkte vielleicht besser erkennen. Wie ist Deine Meinung dazu?

    Schöne Grüße und eine gute Rückreise aus dem Urlaub!

    Johann

    1. Hallo Johann,

      ich kann mir nicht vorstellen, dass die Monte-Carlo-Methode für die 200-Tage-Linie als Signalgeber sinnvoll ist. Meine Vermutung ist, dass die Streuung einfach zu weit dafür ist.
      Aber vielleicht kannst Du meine Aussage mit Simulationen widerlegen, da es sich um “Bauchgefühle” handelt.

      Beste Grüße
      Mathias

  3. Hallo Mathias,

    da durch die Erkenntnis, dass bei Verwendung der MC- Simulation für die 200-Tage-Linie keine aussagefähige Auswertung sinnvoll erscheint, habe ich mir nochmals die technischen Indikatoren angschaut.

    Meiner Ansicht, leider kann ich keine Backtests durchführen, würde eine Kombination mit der Relativen Stärke RSI oder Relativen Stärke nach Levi RSL eine sinnvolle Bestätigung des Trends liefern.

    Deshalb wäre es schön, wenn Du ergänzend die Varianten: Durchschneiden der 200-Tage-Linie und RSI kleiner 30 bzw. größer 70, bzw. bei Levi > oder < 1 auswerten könntest. Ergänzend dazu bei 3% und 5% Toleranz.
    Ich denke eine diese Variationen würde das beste Ergebnis liefern, zumindest sieht es auf dem Chart so aus!

    Schöne Grüße
    Johann

    1. Hallo Johann,

      tut mir Leid, aber ich bin beruflich zur Zeit so angespannt, dass ich neben den turnusmäßigen Tätigkeiten in nächster Zeit keine Backtests vornehmen kann.

      Beste Grüße
      Mathias

  4. Hallo Matthias,

    ich möchte Dich nochmal an den Backtest der Turtle-Investor Strategie erinnern. Vielleicht hast Du ja demnächst Zeit dafür!?

    Sonnige Grüße aus Kölle
    Johann 🙂

    1. Hallo Johann,

      wie schon erwähnt, ist für die Umsetzung der Strategie ein gewisse Mindestanzahl von Aktien im jeweiligen Pool erforderlich, da nur selten ein Kaufsignal generiert wird.
      Dies ist beim DAX (30 Aktien) und beim MSCI World Euro (10 Aktien) nicht gegeben.
      Andererseits entsteht bei der Umsetzung der Strategie bei einem größeren Aktienpool ein riesiger Arbeitsaufwand, soweit kein geeigneter Scanner für diese Aufgabe zur Verfügung steht.

      Beste Grüße
      Mathias

  5. Ich bin der Meinung, daß anstatt eines anderen Toleranzfensters neben der eigentlichen Trendfolgestrategie andere Signalquellen hilfreich sind:

    – Trendfolgesignale anderer Börsensegmente, beispielsweise Vergleich der 200-Tage-Linie vom DAX mit jener von MDAX, TECDAX und SDAX und anderen europäischen Länderindizes wie SMI, CAC 40, IBEX 35, FTSE MIB, FTSE 100.

    – Kursentwicklung von Pflichtwandelanleihen systemrelevanter Großbanken (sog. “Coco-Bonds”) als zusätzliches Entscheidungskriterium zu den Signalen der 200-Tage-Linien-Strategie. Sinkenden Anleihenkurse bzw. ein Verlassen der 200-Tage-Linie des Anleihenkurses bedeuten Streß im Finanzsystem. Umgekehrt stellen steigende Anleihenkurse und ein Schnitt des ansteigenden Kurses mit der 200-Tage-Linie ein positives Signal dar.

    https://www.boerse.de/anleihen/Deutsche-Bank-AG/DE000DB7XHP3

    https://www.boerse.de/historische-kurse/Banco-Santander-SA/XS1043535092

    – Beim amerikanischen Markt Richtung und Steigerungsrate der amerikanischen Wertpapierkredite (Summe der Lombardkredite bzw. ungenutzten Kreditlinien an der New Yorker Börse Nyse):

    http://www.finra.org/investors/margin-statistics

    https://www.advisorperspectives.com/dshort/updates/2018/09/26/margin-debt-and-the-market

    So wende ich es für mich an.

    Mindestens monatliche Kontrolle oder vergleichbar, wie ein Vermieter die Mieteingänge periodisch kontrolliert.

    1. Interessanter Ansatz!

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