Im letzten Artikel haben wir uns mit der Tiny Titans Strategie von James P. O’Shaugnessy befasst.
Neben der Originalstrategie haben wir uns die Performance mit deutschen Aktien der letzten Jahre in unterschiedlichen Varianten beschäftigt. Da die Zahlen sehr überzeugend waren, wollen wir die Strategie ab 2024 in den virtuellen Depots aufnehmen.
In diesem Beitrag wird dargelegt, nach welchen Regeln das Depot geführt werden wird. Daneben werden Vor- und Nachteile der Strategie vorgestellt.
Schließlich werden wir die Einzelaktien aufführen, die zum Start im neuen Jahr in das virtuelle Depot aufgenommen werden. In einem Folgeartikel wird gezeigt, wie Sie relativ einfach mit kostenlosen Aktienscannern die Zusammensetzung selbst ermitteln können. Last but not least werden die Erkenntnisse und Auffälligkeiten zusammengefasst und ein Fazit gezogen.
Im Einführungsbeitrag zur Strategie wurden verschiedenen Umsetzungen, wie unterschiedliche Anzahl der Aktien und unterschiedliche KUV-Bereiche vorgestellt. Im virtuellen Depot sollen zehn Aktien aufgenommen werden, da dies leichter für einen Interessenten, der die Strategie selbst nachvollziehen will, umzusetzen ist.
Nachfolgend nun die Kriterien:
Die Regeln der “Tiny Titans Deutschland” Strategie
- Der zugrunde liegende Aktienpool setzt sich aus allen Aktien aus Deutschland zusammen.
- Aus diesem Aktienpool werden Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung zwischen 25 und 250 Millionen Euro ausgewählt.
- Die verbliebenen Unternehmen werden gefiltert nach einem Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) zwischen 0,5 und 1,0. Bitte beachten: In manchen Scannern ist hier Marktkapitalisierung / Umsatz auszuwählen.
- Die Aktien, die die zuvor selektierten Kriterien erfüllen, werden nun nach der Kursperformance der letzten 12 Monate sortiert. Die zehn Aktien mit der höchsten Kursperformance werden in das Strategie-Depot aufgenommen.
Ausnahme: Sollten sich zwei Aktien eines Unternehmens in der Auswahl befinden (z.B. Stammaktie und Vorzugsaktie), so wird die Aktie mit der geringeren Kursperformance gestrichen und die nächste Aktie der Auswahl rückt nach.
Stand 22.12.2023 sieht die Zusammensetzung wie folgt aus. So wird wohl auch das virtuelle Depot für 2024 aussehen. Falls sich doch noch Änderungen ergeben sollten, sind diese dem virtuellen Depot zu entnehmen, das am 01.01.2024 vorliegen sollte.
Aktie | WKN | Kurs 22.12.23 in € | Kurs-performance 1 Jahr |
Markt-Kapitalisierung mio € | KUV |
Maternus Kliniken | 604440 | 2,82 € | 65,88% | 59,14 | 0,58 |
Haemato | A289VV | 26,00 € | 58,05% | 135,47 | 0,52 |
Bastei Lübbe | A1X3YY | 6,05 € | 32,68% | 79,86 | 0,75 |
M1 Kliniken | A0STSQ | 10,75 € | 27,98% | 199,73 | 0,66 |
Deutsche Rohstoff | A0XYG7 | 32,95 € | 27,71% | 160,48 | 0,90 |
MAX Automation | A2DA58 | 5,70 € | 21,54% | 235,09 | 0,54 |
Leifheit | 646450 | 16,25 € | 16,40% | 154,58 | 0,60 |
Ceotronics | 540740 | 4,54 € | 0,89% | 29,96 | 1,00 |
Fortec Elektronik | 577410 | 23,80 € | -0,83% | 77,36 | 0,72 |
Datron | A0V9LA | 10,10 € | -1,94% | 40,18 | 0,63 |
Die Vor- und Nachteile der “Tiny Titans Deutschland” Strategie
Nachteile:
- Die Volatilität der Small Cap Aktien ist hoch, so dass in schwachen Börsenjahren hohe Verluste anfallen können.*
- Bei kleinerem Kapitaleinsatz ist die Strategie mit zehn Aktien schwer umsetzbar (Stichwörter: Gleichgewichtung und Transaktionskosten).
Vorteile:
- Sehr gute Performance der Strategie über längere Zeiträume in der Vergangenheit.
- Die Strategie ist leicht verständlich.
- Die Umsetzung erfordert nur einen geringen Aufwand unter Verwendung eines Aktienscanners.**
- Die Umschichtung erfolgt in der Regel nur einmal jährlich.
- Die Strategie ist frei von Emotionen.
* Wer die Strategie umsetzen möchte, muss sich im Klaren sein, dass sie langfristig zu verfolgen ist. In manchen Jahren können hohe Verluste entstehen. Nicht jeder ist in der Lage damit umzugehen, wovon ich mich nicht ausnehmen möchte. Darum ist auch davon abzuraten, mit einem zu großen Anteil der Anlagesumme in die Strategie zu investieren.
Bewusst verzichtet wurde auch auf Stop Loss Limit, da sinnvolle Marken durch die hohe Volatilität schwer zu finden sind. Stattdessen sollte ein Anleger bei Kursrücksetzern prüfen, ob die Ursache in einer allgemeinen Marktschwäche zu finden ist, oder ob fundamentale Gründe vorliegen. Im letzteren Fall sollte die Aktie abgestoßen werden.
Um bei Interesse auch die Möglichkeit zu bieten, mit kleineren Beträgen in die Strategie zu investieren, werde ich auch ein wikifolio dazu anlegen. Da hier ein anderer Kapitalstock zur Verfügung steht, wird die Umsetzung sich etwas vom virtuellen Depot unterscheiden. Informationen dazu sind dann unter dem Menüpunkt “In eigener Sache” zu finden.
** Im Zusammenhang mit der Strategie habe ich verschiedene Aktienscanner getestet und habe mich letztendlich für den Scanner von Tradingview entschieden. Die Nutzung ist kostenlos möglich. Über die Bedienung wird in Kürze ein Folgeartikel erscheinen.
Selbstverständlich gibt es eine Vielzahl von Aktienscannern, die den gleichen Zweck erfüllen. Beim Test ist mir allerdings aufgefallen, dass sich die Resultate teilweise unterschieden haben. Dies kann mehrere Gründe haben:
- Die Anzahl der Aktien aus Deutschland weicht teilweise ab. In der Regel bewegt sich die Zahl zwischen 400 und 500 Aktien.
- Die Höhe der Marktkapitalisierung kann abweichen. Da sich die Marktkapitalisierung aus der Anzahl der ausgegebenen Aktien multipliziert mit dem Aktienkurs berechnet, und da sich je nach verwendetem Börsenplatz der Kurs leicht unterscheiden kann, kommen diese Unterschiede zustande.
Aber die Abweichungen sollten an dieser Stelle minimal sein und keinen Einfluss auf das Ergebnis haben. - Relevanter sind die Unterschiede beim Kurs-Umsatz-Verhältnis.
Parameter 1 ist hier der Aktienkurs, der bei allen Scannern annähernd identisch sein sollte (siehe vorheriger Punkt).
Parameter 2 bezieht sich auf den Umsatz. Hier sind unterschiedliche Ansätze zu finden:
Einige Aktienscanner verwenden den Umsatz des letzten Jahresabschlussberichts. Nun ist Geschäftjahresende der meisten Unternehmen der 31.12. Das hat zur Folge, dass die neuen Geschäftsberichte erst im Laufe des ersten Halbjahres des Folgejahres (hier 2024) zur Verfügung stehen. D.h. mit Blick auf die Scannerresultate im Dezember 2023 werden die Umsatze aus dem Jahr 2022 (Quartal 1 bis Quartal 4 2022) für die Ermittlung des KUV eingesetzt.
Andere Aktienscanner setzen auf den Umsatz der letzten 4 Quartale – meist mit TTM (Trailing Twelve Month) bezeichnet. Hier gehen in die Berechnung die Quartale 4/2022, 1/2023, 2/2023 und 3/2023 ein. Die Zahlen sind also viel aktueller. Deshalb ist zu empfehlen, diese Methode zu nutzen (was bei Tradingview beispielsweise der Fall ist).